VIRENWINTER

 

Wenno kam angelaufen, als seien die Pferde zu schnell. "Reite doch auf einer Ziege", rief Salta. Doch Wenno wollte nicht hören, er wollte laufen. Wer aber würde reiten? Müsste man nicht dem Leben davonreiten, wenn das ganze Land unter einer Plane namens "Virus" lag? Diese Plane hatte jemand über den ganzen Globus gezogen. Es war eigentlich eine komplette Weltabdeckung. Darunter gab es noch etwas Rest, um zu atmen. Man durfte vortäuschen, es würde normal gearbeitet, gewohnt, gegessen. Eigentlich aber starben Menschen und bei einigen waren die Lungen vernarbt. Covid-19, Bruder? Schon mal gehört? So schrieben die Newsberichte, welche in die Rinden der letzten 200.000 Bäume der Menschheit gestreamt wurden. "Ach, du mit deinem Reiten. Ich will laufen!" Wie kühn unser Wenno doch war. Seine Lunge schien noch in Ordnung, okay, aber die Luft zum Atmen, die war doch so verdammt dünn und dünnlich geworden. "Unter der Virusplane ist Laufen eine Sache für sich und gegen sich!", warf Salta ein. Sie würde gleich ein Schwein reiten und dann triumphierend in den Bauernhof an der Hemmersheide eindringen. Mit einer Lanze bewaffnet und dem neuesten Virus-Flyer vom Bernd-Metzger-Institut, welches bei Viren einfach unübertroffen war. "Sicher, es wird Lockdown geben, mal wieder. Aber dann auch danach dann noch einen Lockhigh! Glaube mir, Wenno! Willst du nicht mit mir auf einem Schwein reiten?" Da riss sich Wenno seine Lunge heraus und legte diesen in einen Inkulavertor, eine ganz neue Maschine, aus der die Lungen wie neu herauskamen, allerdings auch doppelt so groß. "Diese Lunge? Sie ist so groß! Wir wird diese bei dir in das Kästchen reinpassen. Dein Brustraum ist ja ein Kästchen. Oder nicht? Oder doch? Oder ein Raum?" Salta wurde jetzt doch etwas nervös. Aber Wenno war geübt. Wie andere Leute das Zelt in dem Packsack, so verstaute er seine erneuerte Lunge im Brustraum. Er hatte nämlich Wohnzimmer, Esszimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad ... und dann noch diesen extra Brustraum. Darauf hatte er bei der Anmietung der Wohnung genau geachtet. Blöd nur, dass er jetzt den Brustraum immer mit auf Reisen nehmen musste, auch beim Laufen hatte er den dabei. Ach ja, in Zeiten des Virus war alles anders. Irgendwie. Aber auch schön! Salta grinste: Wenno, was für ein Typ! (3.12.2021, 10:32 Uhr MEWZ)

 

Grossballerung

Donnerstag, 25. April 2024

Wie konnte es kommen, was nicht kommen sollte? Woher hatte Harro diesen Wahn, die stumme Stille zu beackern? Könnte man nicht mit Lisemarion sprechen?! Aber Lisemarion gab keinen Senf zur Wurst, obschon sie Marmelade auf das Brot gegeben hätte. Leider wimmelte es da nur so von Wespen, die immer nach Stille riefen. Stumm zudem. Aber wie kann man stumm rufen? Das fragte Liesemarion. Harro sagte aber. "Hey, wir sind doch hier mitten in der Literatur, da gibt es stumme Stille!" Lisemarion wollte nun wissen, ob es auch schreiendes Schweigen gäbe. "Aber ja", so sagte Harro, "schreiendes Schweigen ist doch der Klassiker in der guten Literatur." Da war Lisemarion doch sehr überrascht, das muss ich an dieser Stelle zugeben. Ich? Ich bin also der Punkt. Ja, der Punkt vom Text. Sicherlich, auch der Punkt kann seine Meinung haben. Bisweilen muss der Punkt auch mal von Harro und Lisemarion und der stummen Stille sprechen, sogar vom schreienden Schweigen. Lisemarion kam dann noch auf die dunkle Helle zu sprechen. Harro zuckte etwas, aber er konnte da nicht und nimmer nachgeben. "Lisemarion, was sagest du so viel gerade zu mir. Es gibt auch den kalten Stahl, aber es gibt auch das kalte Eis, warmes Eis kann es auch mal geben, also auch dunkle Helles, und beim Bier: ein dunkles Helles, das kann es alles geben. Wir reden doch hier über Literatur, die alte Schnepfe südlichen Seins!" Das sollte kokett sein, aber Lisemarion fand es ziemlich blöd, wie sich der Harro da aufführte, in seiner männlichen Männlichkeit eines Mannes. "Du, Harro, gibt es denn auch blumige Blumen?" Harro meinte, er wisse das nicht so recht, denn es sei ja am Ende Literatur, da sei ja alles erlaubt, aber überzeugen müsse man auch noch wen. Aber wen genau? Lisemarion wackelte mit dem Kopf und dann mit den Blumen. Sie hatte heute ein Blumenshirt an. Ein blumiges Blumenshirt, aber deshalb wollte sie noch lange kein Helles trinken. "Trink doch mal ein Alt", sagte sie zu Harro. Und: "Gibt es ein altes Alt?" – "Sicher", sagte Harro, "sicher." Lisemarion wollte aber auch wisse, ob es ein verdammt altes Alt geben könne. Harro meinte, ja, das müsse möglich sein. Würde man es lange genug stehen lassen, dann wäre das Bier verdammt alt, und Trinkende würde es eventuell ausspeien. "Gibt es denn speiende Trinkende?" Harro meinte ein Ja, auch wenn es nicht gerne gesehen würde, weil ja dann die Wände einer Gaststätte davon voll würden. Aber draußen, draußen, da wäre es besser möglich. "Sind also viele Alt-Trinker eigentlich nur Speiende?", wollte Lisemarion noch wissen. Harro sagte, in der Literatur sei alles möglich. "Sind denn die Petizetten von Klausens auch Literatur?", schob Lisemarion nach. "Aber sicher, auch wenn sie kleine Stücke von Text sind, so sind sie doch auch Literatur." Lisemarion dachte nun nach, ob es auch stummes Schreiben gäbe. Ja, so Harro, denn man höre ja nix. "Aber wir sprechen doch die ganze Zeit in diese Petizette hinein!" So wieder Lisemarion. Und dann Harro: "In der Literatur ist alles möglich, fast alles!" Lisemarion noch einmal: "Bedeutet das, dass ich jetzt fasten muss, wenn fast alles möglich ist?" Harro schüttelte den Kopf wie ein Pferd. Vielleicht war Harro ja ein Pferd. (25.4.2024, 15:36 Uhr.)

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